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Gastartikel von Ruven Hanohov – Heilpraktiker für Psychotherapie

Helfen dir deine Gefühle oder hindern sie dich?

Als die Evolution uns mit Emotionen ausgestattet hat, dachte sie sich sicherlich: “Mensch, was eine nützliche Erfindung!”. Und es stimmt, unsere Emotionen können uns als praktische Wegweiser dienen. Aber du hast es bestimmt auch schon bemerkt – unser innerer Kompass ist irgendwie nicht immer richtig kalibriert! Schließlich stehen uns unsere Emotionen manchmal auch eher im Weg, als dass sie uns helfen. Doch woran erkennt man eigentlich, ob man in einer bestimmten Situation einem Gefühl folgen oder lieber noch einmal umdenken sollte? Diese Frage klären wir in den nächsten Abschnitten.

Hilfreiche und nicht-hilfreiche Gefühle

Die eigene Gefühlswelt lässt sich dichotom in hilfreiche und nicht-hilfreiche Gefühle aufteilen. Dabei hat jedes hilfreiche Gefühl einen nicht-hilfreichen Gegenspieler und andersherum. Du kannst zum Beispiel Angst vor einer Prüfung haben, oder aber nur besorgt sein. Das Fehlverhalten deines Chefs kann dich wütend machen, du kannst aber auch enttäuscht sein. Schlechte Neuigkeiten können dich deprimieren, oder dich stattdessen traurig machen.

Auf den ersten Blick scheinen alle der erwähnten Gefühle unangenehm zu sein – und das sind sie auch. Wir können jedoch zwischen unangenehmen Gefühlen unterscheiden, die uns helfen und solchen, die uns hindern. Angst ist ein lähmendes Gefühl. Wenn du in einer Prüfungssituation zitternd vor dem Prüfer stehst, wird das deine Erfolgschancen eher schmälern als erhöhen. Bei Sorge sieht das Ganze schon anders aus. Sorge kann dir helfen, dich sorgfältig vorzubereiten und wichtige Vorkehrungen zu treffen, damit du dich in der Prüfung wohlfühlst und eine möglichst gute Leistung abliefern kannst. In dem Wort Sorge steckt die Aktion ja schon drin: Du sorgst für dich.

Kommen wir nun zur Wut. Warst du schon einmal blind vor Wut? Dann ist dir sicherlich bewusst, dass Wut ziemlich destruktiv ist. Wenn du wütend auf deinen Chef bist, beisst du im besten Fall die Zähne zusammen und bist für eine Weile angespannt. Vielleicht reagierst du aber auch passiv-aggressiv oder reichst sogar gleich laut schnaufend deine Kündigung ein. Wohin dich deine Wut auch führt, in der Regel führt sie dich weg von dem, was du eigentlich willst. Mit Enttäuschung lässt es sich hingegen klarer denken als mit Wut. Dann entscheidest du dich vielleicht, deine Enttäuschung auf professionelle Art und Weise zum Ausdruck zu bringen und erhöhst so deine Chancen, dass deine Wünsche Anklang finden.

Auch Deprimiertheit ist nicht zielführend. Wenn du dich bei schlechten Neuigkeiten regelrecht niedergeschlagen fühlst, kannst du dann effektiv mit der Situation umgehen? Normalerweise nicht, denn aus einem depressiven Gefühl heraus aktiv zu werden ist ziemlich schwer. Ein alternatives hilfreiches Gefühl kann hier die Trauer sein. Traurig zu sein gehört zu unserem Leben dazu und dient der erfolgreichen Verarbeitung von negativen Erlebnissen. Wer deprimiert ist, lässt sich hängen und gibt demotiviert auf, während ein trauriger Mensch einen hilfreichen Prozess durchläuft und weitermacht.

Die Verbindung zwischen Gedanken und Gefühlen

Vielleicht denkst du jetzt: „Das klingt zwar schön und gut, aber meine Gefühle habe ich ja nicht unter Kontrolle.“ Das stimmt so nicht ganz! Wie wir uns fühlen, ist nämlich eng damit verbunden, wie wir denken. Und unsere Gedanken können wir sehr wohl beeinflussen. Um den Zusammenhang zwischen Gedanken und Gefühlen zu verdeutlichen, gehen wir noch einmal zurück zum Beispiel der Prüfungsangst. Dass nicht jeder Mensch Angst vor Prüfungen hat, zeigt uns zunächst, dass es nicht die Prüfungen selbst sein können, die die Angst verursachen. Es hat nur ein bestimmter Teil der Menschen Angst vor Prüfungen – und zwar der Teil der Menschen, der angstmachende Gedanken im Zusammenhang mit Prüfungen denkt. Lass uns nun Schritt für Schritt verstehen, welche Gedanken für nicht-hilfreiche Gefühle verantwortlich sind. Gedanken, die nicht-hilfreiche Gefühle erzeugen, unterliegen meist mindestens zwei der nachfolgenden Denkmuster:

  • Absolute Forderungen: Absolute Forderungen erkennt man häufig an Wörtern, wie müssen oder sollen. Beispiel: Ich muss erfolgreich sein.
  • Katastrophisieren: Beim Katastrophendenken werden schlechte Dinge noch schlechter gemacht, als sie es eigentlich sind. Beispiel: Es ist schrecklich, dass ich meinen Job verloren habe.
  • Niedrige Frustrationstoleranz: Bei diesem Denkmuster wird die eigentliche Frustrationstoleranz unterschätzt. Beispiel: Ich könnte es nicht aushalten, wenn ich abgelehnt werden würde.
  • Pauschale Abwertung: Hier wertet man sich selbst oder eine andere Person pauschal ab. Beispiel: Dass ich durch die Prüfung gefallen bin, beweist, dass ich zu nichts tauge.

Dass diese Denkmuster zu nicht-hilfreichen Gefühlen führen, ist bereits ein Grund, warum sich das Umdenken schon lohnen würde. Es gibt aber noch zwei weitere Probleme mit dieser Art von Gedanken: Ihr Wahrheitsgehalt kann nicht bewiesen werden und sie beruhen auf keinerlei Logik. Zusammengefasst: Gedanken, die zu nicht-hilfreichen Gefühlen führen, sind Gedanken, die uns 1. nicht helfen, 2. nicht belegbar und 3. nicht logisch sind.

So findest du zu hilfreichen Gefühlen – Beispiel Prüfungsangst

Lass uns nun wieder zurück zum Beispiel der Prüfungsangst kehren und den gesamten Prozess einmal aufdröseln, damit du ganz genau verstehen kannst, wie du mit irrationalen Gedankenmustern umgehen und diese in rationale Gedanken umstrukturieren kannst. Bei der Emotion Angst treffen in der Regel mindestens eine absolute Forderung sowie Katastrophendenken aufeinander. Das könnte dann beispielsweise so aussehen: „Ich muss diese Prüfung unbedingt bestehen! Es wäre eine absolute Katastrophe, wenn ich durchfallen würde!“ Bevor du weiterliest, beantworte die folgenden drei Fragen erst einmal für dich selbst:

  1. Ist es hilfreich zu denken, dass die Prüfung unbedingt bestanden werden müsse und dass es schrecklich wäre, durchzufallen?
  2. Lässt sich der Inhalt der Gedanken belegen? Lässt es sich beweisen, dass die Prüfung unbedingt bestanden werden muss und dass es schrecklich wäre, wenn man durchfallen würde?
  3. Sind diese Gedanken in sich schlüssig? Ist es logisch zu behaupten, dass die Prüfung unbedingt bestanden werden müsse? Und wie logisch ist es, das Durchfallen durch die Prüfung als absolute Katastrophe zu betiteln?

Hier sind die Antworten:

  1. Die Gedanken sind nicht hilfreich, da sie Druck und Angst erzeugen. Dadurch werden sowohl eine optimale Vorbereitung auf die Prüfung als auch der Leistungsabruf während der Prüfung verhindert.
  2. Dass die Prüfung unbedingt bestanden werden muss, lässt sich nicht beweisen. Im Gegenteil: Wir alle kennen Menschen, die schon einmal durch eine Prüfung gefallen sind, was belegt, dass man grundsätzlich durch Prüfungen fallen darf. Es gibt auch keinen Beweis dafür, dass es schrecklich oder gar eine absolute Katastrophe wäre, durch die Prüfung zu fallen, nur weil es nachteilhaft wäre. Schließlich gibt es viele Dinge, die eindeutig schlimmer wären.
  3. Da Beweise vorliegen, dass man durch die Prüfung fallen darf, ist die gleichzeitige gegenteilige Behauptung, man müsse die Prüfung bestehen, nicht logisch. Es finden sich vielleicht Gründe, warum es vorteilhaft wäre, die Prüfung zu bestehen. Aber es gibt keine in sich schlüssige Erklärung dafür, warum man die Prüfung bestehen muss, nur weil es vorteilhaft wäre (sehr wohl aber dafür, warum man sie bestehen will!). Ähnlich sieht es mit der Verschrecklichung aus – nur weil etwas schlecht ist, ist es nicht logisch zu behaupten, dass es absolut schrecklich wäre.

Im nächsten Schritt geht es darum, sich einen alternativen Gedanken zu erarbeiten, der die zuvor abgefragten Kriterien erfüllt und dementsprechend hilfreich, wahr und logisch ist. Um so einen Gedanken zu formulieren, kannst du dich etwas an den schon bestehenden Antworten auf die vorherigen Fragen orientieren. Wir wissen ja bereits, dass man durch die Prüfung fallen darf. Außerdem können wir davon ausgehen, dass es nachteilhaft wäre, die Prüfung nicht zu bestehen. Dementsprechend wäre es vorteilhaft, die Prüfung zu bestehen. Alles zusammengefügt, könnten die Gedanken nun so lauten: „Es wäre gut für mich, wenn ich die Prüfung bestehen würde. Das heißt aber nicht, dass ich die Prüfung bestehen muss. Es wäre zwar nachteilhaft, die Prüfung nicht zu bestehen, aber es wäre keineswegs schrecklich.“ Jemand, der so denken würde, würde vermutlich keine Angst verspüren, die vom eigentlichen Ziel, dem Bestehen der Prüfung, eher wegführen würde. Stattdessen würde die Person vielleicht so etwas wie Sorge verspüren. Also ein Gefühl, dass durchaus zum Ernst der Lage passt und die Person vermutlich zum fleißigen, effektiven Lernen anhalten würde. Auch diese Gedanken können wir auf Nutzen, Wahrheitsgehalt und Logik überprüfen:

  1. Die Gedanken sind hilfreich, denn sie erzeugen weder Druck noch Angst. Stattdessen könnten sie zu einem Gefühl der Sorge führen, also einem hilfreichen Gefühl.
  2. Für alle Behauptungen können sich Beweise finden. Die Gedanken stimmen also mit der Realität überein.
  3. Der Gedanke enthält auch keine Logikfehler. Es ist durchaus logisch zu sagen, dass es gut wäre, die Prüfung zu bestehen, während man gleichzeitig anerkennt, dass man dennoch durch die Prüfung fallen kann und darf. Ebenfalls ist es logisch, sich einzugestehen, dass es schlecht wäre durch die Prüfung zu fallen, ohne dass man so weit geht, das Durchfallen als schrecklich zu bewerten.

Anhand von geschickten Fragen kannst du deine Gedanken- und Gefühlswelt ganz genau unter die Lupe nehmen. Am besten beginnst du immer beim Gefühl und findest für dich selbst heraus, ob es dir hilft oder ob es dich hindert. Wenn du dich von deinen Gefühlen eingeschränkt fühlst, wende deinen Blick zu deinen Gedanken. Was denkst du über die Situation, die dich fühlen lässt, wie sie dich fühlen lässt? Helfen dir deine Gedanken? Und ist das Gedachte wirklich zu 100% wahr und in sich logisch? Wenn dir deine Gedanken nicht helfen, ihr Wahrheitsgehalt nicht eindeutig belegbar ist und sie nicht logisch begründbar sind, ist es an der Zeit umzudenken und die Tür für Gedanken und Gefühle zu öffnen, die dir helfen, statt dir zu schaden. Viel Erfolg auf deinem Weg!

Ruven Hanohov ist ein fundierter REVT-Therapeut und zugelassener Heilpraktiker für Psychotherapie. Als Experte für kognitive Umstrukturierung unterstützt er Menschen dabei, ihre Gedanken- und Gefühlswelt zu ordnen und ein gesünderes mentales Gleichgewicht zu erreichen.

VIELEN DANK FÜR DEINE UNTERSTÜTZUNG!

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