Interview mit Maria Becker, Autorin „ein Elefant verschwindet“

1. Wer bist Du, und was machst Du?

Hallo, ich bin Maria Becker, allerdings nur wenn ich Bücher schreibe. Ich habe im März diesen Jahres mein erstes Buch im Marta Press Verlag unter dem Titel „ein Elefant verschwindet“ veröffentlicht.  Da es sich um ein psychologisch heikles Thema handelt habe ich mich für ein Pseudonym entschieden. Mein Mann und ich, wir sind beide in Familien mit an Borderline erkrankten Menschen aufgewachsen und haben einen langen und anstrengenden Weg hinter uns. Es ist schwierig über Borderline zu sprechen. Die Erkrankung ist mit vielen Vorurteilen behaftet. Auch Angehörige sind davon betroffen. Weil wir unsere Geschichte teilen wollten und vor allem wichtige Erfahrungen, die wir auf unserem Weg gemacht haben, gleichzeitig aber unsere Kräfte einteilen müssen, haben wir uns für eine Veröffentlichung unter Pseudonym entschieden.

2. Wer warst Du damals, bevor Du gemacht hast, was Du heute machst?

Ich habe freie Kunst und Grafik studiert und viele Jahre als Illustratorin und freier Künstler gearbeitet. Genau genommen mache ich das immer noch. Aber die Erkrankungen unserer Eltern haben so viel Energie aus meinem Leben abgezogen, dass es mir schwer fiel irgendwann noch einen Sinn zu sehen, in dem was ich tue. 2015 erlitt ich einen Burnout und war so gezwungen mich intensiv mit meinem Leben auseinanderzusetzen. Meine Mutter, die neben ihrer psychischen Erkrankung auch an Krebs litt, verstarb nach 10 jähriger Krankheitsphase. Danach ließ die Anspannung nach und mein Körper zeigte mir sehr deutlich, daß ich ihn jahrelang völlig überfordert hatte. So etwas rächt sich. Grenzen zu setzen in Beziehungen zu Borderline Persönlichkeiten ist ein Riesenthema und ein großes Problem. Kurz darauf hatte mein Schwiegervater seinen ersten Zusammenbruch. Was danach folgte, war ein Alptraum. Wir standen vor einem großen Scherbenhaufen und wußten nicht mehr weiter. Das Buch beschreibt unseren gemeinsamen Weg aus einer langen, dunklen Nacht.

3. Warum machst Du das, was Du machst?

Die Erfahrungen, die wir machen mußten, waren anstrengend und sehr schmerzhaft. Zudem gibt es kaum Fachliteratur, die den Anghörigen der Erkrankten als Hilfestellung dienen könnten. Das war auch für uns ein großes Problem. Wir hatten keine Straßenkarte, mit der wir uns hätten zurecht finden könne. Also habe ich selber eine Art Lageplan mit diesem Buch gezeichnet. Ich schreibe schon sehr lange. Anfänglich nur für mich selbst, in Form eines täglichen Journals, aber dann wurde mehr daraus. Ich habe mit einer Therapie begonnen und diese durch Schreiben begleitet. Jede Woche war ich früh am Tag im Netz auf der Suche nach Büchern, Interviews oder Filmen, die mir hätten weiterhelfen können. Dies alles und viele der wertvollen Ratschläge meiner Therapeutin sind in dieses Buch geflossen. Ich glaube nicht wirklich an Bestimmung oder Schicksal. Aber ein Buch zu schreiben und anderen Menschen unsere Erfahrungen als Hilfestellung weiterzugeben, war das einzige das diesen ganzen schrecklichen Vorfällen einen Sinn geben konnte. 

Über den Wert von Sinn schreibe ich auch in meinem Buch.

4. Was ist für Dich Erfolg?

Ich finde, das ist eine ganz schwierige Frage. In unserer Gesellschaft dreht sich in der öffentlichen Diskussion alles nur noch um Glück und Erfolg. Meiner Meinung nach ist das ein Anzeichen dafür, wie groß unsere Angst davor ist, einzusehen, daß viele der Dinge, die in unserem Leben passieren, nicht von uns zu beeinflussen sind. Wie haben uns heute alle eine künstliche Blase geschaffen, die uns die Illusion von Kontrolle und Machbarkeit erhalten soll. Wer krank wird, ist selber schuld. Das ist eine schwere Bürde. Denn Menschen müssen sich nicht nur mit ihrer Erkrankung auseinandersetzen, sondern auch mit der Stigmatisierung versagt zu haben, oder nicht positiv genug zu denken. Bei Wilhelm Schmid, einem zeitgenössischen Philosophen, habe ich das erste Mal darüber gelesen, daß man auch das Scheitern im Leben als Konzept in Betracht ziehen muss. Das hört keiner gern. Wir alle glauben inzwischen, dass wir in der Welt leben, die wir durch Instagram geschaffen haben. Aber das ist nicht mehr als eine Art Avatar.

Mit einer Biografie wie der unseren kommt man mit der Idee von Erfolg nicht sehr weit. Ich versuche nach dem Konzept von Kathy Byron zu leben: „Ich liebe, was ist.“

5. Was waren Deine Stationen zum Erfolg?

Ich…

  • habe mir schließlich eingestanden, daß ich völlig erschöpft und überfordert war, was mir gar nicht entspricht und daß ich alleine nicht mehr weiterkomme.
  • habe mir Hilfe von Außen geholt, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt mit meinem Vorhaben keine Unterstüzung in der Familie fand.
  • habe mich für eine Trennung auf Zeit von meiner Familie entscheiden um selber wieder gesund zu werden, habe aber Zorn und viel Unverständis dadurch geerntet.
  • habe mühsam gelernt für mich selbst und meine Bedürfnisse einzustehen.
  • habe gelernt mich von anderen Menschen unabhängig zu machen, um unbeirrt meinen eigene Weg zu gehen.
  • habe meine Angst vor Einsamkeit überwunden.

6. Was ist für Dich der Schlüssel zum Erfolg?

Ich glaube, meinen größten Ängsten ins Auge zu sehen und sie zu überwinden. Die Furcht alles zu verlieren, meine Familie, meine Freunde, meinen Mann, hat mich lange davon abgehalten, das für mich Richtige zu tun. Heute habe ich das überwunden und verstanden, es geht immer weiter, auch wenn man oft nicht weiß wie.

7. Wie sieht Dein Standard-Tagesablauf (Deine Arbeitsgewohnheiten) aus?

Ich gehe zwei bis drei Mal pro Woche in der Früh spazieren, oder mache Sport. Danach beantworte ich meine Mails und arbeite an anderen organisatorischen Dingen im Büro. Danach ist Zeit für kreative Arbeit im Atelier. Ich mache Entwürfe, arbeite in Gestaltungsprogrammen am Rechner und bin viel online unterwegs, weil ich die meisten meiner Geschäfte übers Internet mache. Im Augenblick schreibe ich kein Journal am Morgen. Seit das Buch erschienen ist, bin ich wohl in einer Art Schreibpause. Wenn ich schreibe, dann am Liebsten morgens und eigentlich nie länger als eine oder anderthalb Stunden. Einige Zeit habe ich lange in Arztpraxen gesessen, da habe ich Wartezeiten zum Schreiben und Korrigieren genutzt. Am Nachmittag mache ich eine Teepause, meine Arbeit endet meist gegen 17.00 Uhr. Dann schaue ich 20 Minuten eines Films. Das entspannt mich und bringt mich auf andere Gedanken. Seit kurzem zeichne ich auch später am Abend. Ich versuche so früh wie möglich ins Bett zu kommen und unter der Woche regelmäßig Freunde und Kollegen zu treffen.

8. Was empfiehlst Du anderen, um genauso erfolgreich zu werden wie Du?

Für mich ist die innere Entschlossenheit der Schlüssel zu allem, wenn ich weiß, ich werde ein Projekt umsetzen, ist das auch so.

9. Wenn Du eine Sache in der Welt verändern könntest, was wäre das?

Die USA braucht dringend einen neuen Präsidenten. Beleidigungen, Sexismus und Diskriminierung haben in öffentlichen Ämtern nichts verloren.

Wenn du mehr zu meinem Buch „ein Elefant verschwindet“ und über Borderline lesen willst, besuche mich gerne auf https://www.marta-press.de/maria-becker/

Deine Maria Becker

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